HOCHWASSER-CHECK
Ein Beratungsangebot für alle Bayerischen Kommunen

Wassergefahren drohen von allen Seiten.
Nicht nur Flüsse, (Wild-)Bäche und Gräben bergen Gefahren, auch Überflutungen in Folge von Starkregen oder die Überlastung von Entwässerungssystemen gilt es im Blick zu behalten. Daher bieten die Wasserwirtschaftsämter ab sofort ein neues, ganzheitliches Beratungskonzept für alle bayerischen Kommunen zum Umgang mit Wassergefahren an.
Was ist der HOCHWASSER-CHECK
Ein integrales Beratungsangebot der Wasserwirtschaft für alle interessierten bayerischen Kommunen mit und ohne Gewässer. Kernelement des HOCHWASSER-CHECK ist ein ausführliches und persönliches Beratungsgespräch zwischen Kommune und Wasserwirtschaftsamt, welches um eine optionale Ortsbegehung ergänzt werden kann.
Im Rahmen einer gemeinsamen Bestands- und Bedarfsanalyse werden Gefahrenbereiche, Handlungsfelder oder Vorsorgelücken identifiziert. Weiterhin werden gemeinsam strategische Ziele im Umgang mit Wassergefahren entwickelt und konkrete Handlungsoptionen diskutiert.
Des Weiteren stehen mit dem HOCHWASSER-CHECK neben Informationsmaterialien und Netzwerkangeboten zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten der Bayerischen Wasserwirtschaft und weiterer Akteure zur Verfügung. Der intensive Austausch auf Augenhöhe soll regelmäßig wiederholt werden.
Für wen ist der HOCHWASSER-CHECK interessant
Insbesondere für die Kommunalpolitik und -verwaltung sowie Einrichtungen der öffentlichen Hand wie etwa:
- Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
- Verantwortliche aus den Ressorts Umwelt, Planen und Bauen
- Öffentliche Sicherheit und Ordnung (inkl. Feuerwehr, KVB, …)
- Bauhofleitung
- Verantwortliche der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung
- Verantwortliche von sonstiger sensibler Infrastruktur (bei Bedarf)
Was ist der Mehrwert für Kommunen
- Eine strukturierte Bestands- und Bedarfsanalyse rund um alle potenziellen Wassergefahren auf Basis aktueller amtlicher Karten
- Dialogbasierte Entwicklung konkreter Handlungsoptionen
- Überblick über geeignete Maßnahmen und deren Fördermöglichkeiten
- Wegweiser zu Karten- und Informationsmaterial
Wie gehen wir vor
- Gemeinsam im persönlichen Gespräch werden die bisher beobachteten Ereignisse und Betroffenheiten festgehalten und anhand der vorliegenden Karten eine Gefährdungsanalyse durchgeführt.
- Der Check unterscheidet verschiedene Maßnahmenbereiche, innerhalb derer wirksame Schritte zur Risiko- und Schadensreduzierung besprochen werden.
- Je nach Standortvoraussetzungen und konkreter Risikoexposition werden ausgewählte Maßnahmenbereiche in erforderlicher Detailschärfe beleuchtet und gemeinsam mit dem Wasserwirtschaftsamt Handlungsoptionen definiert.
Vereinbaren Sie einen Termin mit Ihren HOCHWASSER-CHECKERN.
Direkter Ansprechpartner ist Ihr regional zuständiges Wasserwirtschaftsamt.
Übersicht Wasserwirtschaftsämter in Bayern
Da der HOCHWASSER-CHECK ein übergreifendes Beratungsangebot für sämtliche Wassergefahren darstellt, sind die bisherige Risikokulisse und die entsprechende Maßnahmenauswahl aus dem Hochwasserrisikomanagement ebenfalls Teil des HOCHWASSER-CHECK. Die bisher im Hochwasserrisikomanagement eingebundenen Kommunen (rund die Hälfte der bayerischen Kommunen) beteiligen sich somit im Rahmen des HOCHWASSER-CHECK auch weiterhin an der Hochwasserrisikomanagement-Planung und schreiben ihre Maßnahmen fort.
Überblick Maßnahmenbereiche und darin definierte Handlungsoptionen
Zur Verminderung von Hochwasserrisiken bestehen vielfältige Handlungsmöglichkeiten unterschiedlicher Akteure. Auch Sie als Kommune können in vielen Bereichen aktiv werden und neben eigenen Maßnahmen, insbesondere die Betroffenen informieren, sensibilisieren und beraten.
Nachfolgend werden die möglichen Maßnahmenbereiche aus dem Beratungsansatz des HOCHWASSER-CHECK vorgestellt:
Umgang mit betroffenen Objekten/Gebäuden
Hochwasser kann auf vielfältige Weise eine Gefährdung für Gebäude und Infrastrukturanlagen darstellen. Eine frühzeitige Berücksichtigung des Hochwasserrisikos kann im Ereignisfall vor Schäden schützen. Gebäude sollten so ausgeführt werden, dass sie ein Hochwasser ohne größeren Schaden überstehen.
Städte und Gemeinden nehmen in der Hochwasservorsorge eine Vorbildfunktion ein. Der Objektschutz an kommunalen Gebäuden sollte deshalb den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Um die Motivation von potenziell betroffenen Gebäudebesitzern zur Eigenvorsorge zu steigern, kann dieser objektbezogene Hochwasserschutz zur Demonstration von Bauvorsorgemaßnahmen genutzt werden.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Sind einzelne Objekte betroffen oder handelt es sich eher um einen betroffenen Bereich?
- Können Schäden durch die Verlegung von Nutzungen oder Objekten aus gefährdeten in weniger gefährdete Bereiche vermieden werden?
- Reichen hier als Maßnahme zum Schutz vor Wassergefahren Maßnahmen der Eigenvorsorge aus?
In diesen Maßnahmensteckbriefen finden sich weiterführende Informationen und Beispiele:
- Demonstration der beispielhaften Umsetzung der Bauvorsorge (306.1)
- Objektschutz bei bestehenden Gebäuden (307.1)
- Verlegung von gefährdeten Nutzungen und Objekten (305.1)
Flächenvorsorge
Außerhalb von überschwemmungs-gefährdeten Gebieten zu bauen, ist der wirksamste Schutz gegen Hochwasser. Das Wasserhaushaltsgesetz schreibt deshalb ein Bauverbot innerhalb festgelegter Überschwemmungsgebiete vor. Im UmweltAtlas Bayern können sich Kommunen darüber informieren, ob und welche Bereiche Ihrer Gemeinde in einem solchen Gebiet liegen.
Da es keinen 100-prozentigen Schutz vor Hochwasser gibt, sollten Kommunen aber auch in möglichen Überschwemmungsgebieten frühzeitig in der Bauleitplanung für eine angepasste Nutzung sorgen, um Schäden so gering wie möglich zu halten – selbst wenn diese Gebiete durch Hochwasserschutzanlagen geschützt werden. Denn auch dort besteht das Risiko, dass es bei Extremereignissen zur Überflutung dieser oft stark bebauten Flächen und damit zu großen Schäden kommt. Sensible Infrastrukturen und vulnerable Objekte wie Kindergärten, Schulen, Seniorenhäuser, Einrichtungen des Katastrophenschutzes oder der Ver- und Entsorgung sollten Sie zudem in der Planung aus überschwemmungsgefährdeten Bereichen fernhalten und bereits bestehende Anlagen besonders schützen. Zusätzlich können Kommunen im Bebauungsplan entsprechende Festsetzungen treffen wie Höhenvorgaben oder andere bauliche Vorsorgemaßnahmen. Dadurch können die zukünftigen Hauseigentümer vor hohen finanziellen Belastungen im Ereignisfall oder vor teuren späteren Nachrüstungen geschützt werden.
Auch mögliche Schäden durch die zunehmenden Starkregenereignisse sollten in der Bauleitplanung berücksichtigt werden. Das kann zum Beispiel durch Vorgaben zur unterschiedlichen Höhenlage von Hauseingängen, Grünflächen und Straßen, zu Abflusskorridoren oder zur Nutzung von Grünflächen zum Rückhalt von Wasser erfolgen. Die Arbeitshilfe „Hochwasser- und Starkregenrisiken in der Bauleitplanung“ sowie die Hinweiskarte Oberflächenabfluss und Sturzfluten geben viele nützliche Hinweise und ermöglichen mithilfe eines Fragebogens eine Risikoeinschätzung und Bewertung möglicher kommunaler Vorsorgemaßnahmen im geplanten Baugebiet.
Umfangreiche Informationen und zahlreiche Beispiele für Maßnahmen zur Hochwasservorsorge sind im Praxisratgeber „Hochwasserschutz für Kommunen“ des Bayerischen Gemeindetages aufbereitet. Stadt- und Landschaftsplaner finden darin weiterführende Informationen und auch auf den Seiten des Deutschen Instituts für Urbanistik.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Werden alle Wassergefahren in der Bauleitplanung berücksichtigt?
- Sind alle für den örtlichen Hochwasserschutz relevanten Flächen bekannt und ggf. gesichert?
- Ergibt sich nach der Analyse der Wassergefahren ein weiterer Flächenbedarf für den örtlichen Schutz vor Wassergefahren?
- Werden auch Flächen für den natürlichen Wasserrückhalt vorgesehen?
- Sind Flächen für den dezentralen Regenwasserrückhalt oder -versickerung berücksichtigt?
- Gibt es Vorgaben für eine hochwasserangepasste Bauweise in den Bebauungsplänen?
In diesen Maßnahmensteckbriefen finden sich weiterführende Informationen und Beispiele:
- Baugenehmigungsverfahren (303.1)
- Bebauungspläne (303.3)
- Flächennutzungspläne (303.2)
- Sicherung Flächen (302.4)
Weiterführende Links
- Naturgefahren im UmweltAtlas Bayern
- Hinweiskarte zu Oberflächenabfluss und Sturzfluten im Umweltatlas Bayern
- Hinweise für Kommunen zur Bauleitplanung, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
- Praxisratgeber „Hochwasserschutz für Kommunen“ des Bayerischen Gemeindetags
- Hochwasser.Info.Bayern: Stadt und Landschaftsplanung
- Kommunale Überflutungsvorsorge - Deutsches Institut für Urbanistik
Information und Kommunikation
Nur wer sein eigenes Risiko kennt, kann sich auf den Hochwasserfall vorbereiten. Daher sollten Städte und Gemeinden ihre Bürgerinnen und Bürger über Wassergefahren aufklären, indem zum Beispiel Hochwassergefahrenkarten oder die Hinweiskarte Oberflächenabfluss und Sturzfluten in kommunalen Mitteilungen oder an Informationstafeln im Rathaus veröffentlicht werden. Weiterhin kann über die Möglichkeiten der Eigenvorsorge informiert werden.
Wassergefahren gehen meist von Fließgewässern aber auch von Starkregen und hohen Grundwasserständen aus. Im UmweltAtlas Bayern werden die potenziellen sowie amtlichen Überschwemmungsgebiete dargestellt und Hinweise zu wassersensiblen Bereichen, potentiellen Fließwegen, Geländesenken und Aufstaubereichen durch Starkregen sowie zu hohen Grundwasserständen gegeben. Im eingebetteten Kartendienst können Sie sich mit Hilfe der Standortauskunft darüber informieren, in welchen Gebieten mit Wassergefahren gerechnet werden muss.
Im Internetangebot des Hochwassernachrichtendienstes (HND) finden sie aktuelle Lageberichte und Pegelstände. Die Bayerische Wasserwirtschaftsverwaltung bietet zusätzlich eine Vielzahl von weiteren Informationsangeboten – eine Übersicht kann neben der Rubrik Themendienste auch unter dem Menüpunkt Bürgerinnen und Bürger eingesehen werden.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Wie werden die Akteure über Maßnahmen zur (Eigen-)Vorsorge, richtiges Verhalten während eines Hochwasserereignisses (inkl. Warnung) und Maßnahmen zur Nachsorge informiert?
- Wie erfolgt bisher die Öffentlichkeitsarbeit bzgl. der Thematik Wassergefahren? Gibt es Informationsveranstaltungen zum Thema Hochwasser (für Bürger, für Wirtschaftsunternehmen, für Betreiber von AwSV-Anlagen)? Gibt es eine Internetseite oder andere Kommunikationswege zum Thema Wassergefahren?
- Sind der Kommune alle durch Wassergefahren betroffenen Anlagen (Gemäß Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) bekannt und dokumentiert? Haben die Betreiber Vorsorgemaßnahmen getroffen und kennen ihr Risiko?
In diesen Maßnahmensteckbriefen finden sich weiterführende Informationen und Beispiele
- Informationsvorsorge (325.2_325.9)
- Wassergefährdende Stoffe (308.1)
Weiterführende Links
- Naturgefahren im UmweltAtlas Bayern
- Hinweiskarte zu Oberflächenabfluss und Sturzfluten im Umweltatlas Bayern
- Starkregen und Sturzfluten, Landesamt für Umwelt
- Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten zum Herunterladen
- Hochwassernachrichtendienst Bayern
- Hochwasser.Info.Bayern: Hochwassergefahren
- Hochwasser.Info.Bayern: Bürgerinnen und Bürger
- Hochwasser.Info.Bayern: Themendienst für Kommunen
Krisenmanagementplanung
Im akuten Hochwasserfall muss schnell gehandelt werden. Das gelingt nur dann reibungslos, wenn Kommunen bereits im Voraus klare Zuständigkeiten und Abläufe festgelegt haben. Städte und Gemeinden sollten daher Alarm-, Einsatz- und Meldepläne für die Einsatzkräfte aufstellen. Regelmäßige Katastrophenübungen für die Rettungskräfte automatisieren die Abläufe und bereiten auf den Ernstfall vor. Außerdem sollte eine Übersicht über die sensible Infrastruktur und vulnerable Objekte wie Schulen, Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen vorliegen, denen im Hochwasserfall besondere Hilfe geleistet werden muss. Auch sollte im Hochwasserfall die Versorgung der Bevölkerung mit z. B. Trinkwasser und Strom gesichert sein. Die Arbeitshilfe zur Aufstellung bzw. Fortschreibung von Alarm- und Einsatzplänen des Bayerischen Innenministeriums sowie das Muster „Gemeindlicher Meldeplan mit Alarm- und Einsatzplan“ bieten Hilfestellung bei der Erarbeitung der Pläne. Die bayerischen Wasserwirtschaftsämter und die Katastrophenschutzbehörden arbeiten dabei eng mit den Verantwortlichen in den Kommunen zusammen. Der Bayerische Gemeindetag hat in seinem Praxisratgeber „Hochwasserschutz für Kommunen“ viele wertvolle Informationen zum Krisenmanagement bei Hochwasser zusammengetragen.
Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser. Jedes Hochwasser bietet daher die Chance, einen Lernprozess für die Zukunft anzustoßen. Die entstandenen Schäden an der Infrastruktur sollten schnellstmöglich behoben werden, um die Handlungsfähigkeit der Kommune sicherzustellen. Neben Leitungen, Straßen und Brücken hat die Kontrolle und nötigenfalls die Reparatur von Hochwasserschutzanlagen oberste Priorität. Sind sie defekt, kann selbst ein nur kleines anschließendes Hochwasserereignis ungeahnte Folgen haben.
Gleichzeitig ist darauf zu achten, vorschnelle Aufräumarbeiten zu vermeiden, da dies den entstandenen Schaden noch vergrößern könnte. Daher sollten Ihre Einsatz- und Alarmpläne auch die Nachsorge eines Hochwassers umfassen. Die Bürgerinnen und Bürger sind durch die Kommunen kontinuierlich über die Gefahren nach einem Hochwasser zu informieren. Dazu gehören unter anderem freiliegende Stromleitungen, einsturzgefährdete Häuser oder verunreinigtes Wasser. Konkret müssen die abgelaufenen Ereignisse dokumentiert und analysiert, die Schadensursachen ermittelt und festgehalten sowie die Versicherungsleistungen überprüft werden.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Gibt es einen aktuellen Hochwasseralarm- und Einsatzplan, der alle Wassergefahren und Extremereignisse berücksichtigt?
- Wurden bei der Erstellung des Hochwasseralarm- und Einsatzplans alle Akteure und Betroffenen beteiligt (Behörden, Gefahrenabwehr, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Ver- u. Entsorgung, Krankenhäuser, Schulen, usw.)?
- Gibt es Übungen für die Einsatzkräfte?
- Sind alle im Hochwasserfall relevanten technischen Schutzanlagen im Hochwasseralarm- und Einsatzplan -Plan berücksichtigt (Bsp. Deichverteidigung an Gewässer I. Ordnung und Gewässer II. Ordnung)?
- Werden alle Akteure mit Aufgaben der Hochwasserbewältigung rechtzeitig informiert und aktiviert? Sind deren Kontaktdaten (z.B. Telefonnummern) noch aktuell?
- Werden Betroffene (Bürger, Firmen, Ver- und Entsorger) ebenfalls rechtzeitig informiert um Eigenmaßnahmen ergreifen zu können? Wie wird vor Wassergefahren gewarnt? Auf welche Dienste wird dafür zurückgegriffen?
- Gibt es Notfallpläne für die Trinkwasser- und Energieversorgung?
- Ist die kommunale Eigenvorsorge für Kulturgüter berücksichtigt?
In diesen Maßnahmensteckbriefen finden sich weiterführende Informationen und Beispiele:
- Bewältigung Hochwasser (329.3)
- Info Ermittlung Hochwasserschäden (327.3)
- Meldepläne HNDV (323.1)
- Nachbereitung – Dokumentation (328.1_u_328.3)
- Schadensbeseitigung (327.2_u_327.5)
- Verbesserung Hochwassermonitoring (328.2)
Weiterführende Links
- Arbeitshilfe zur Aufstellung bzw. Fortschreibung von Alarm- und Einsatzplänen, Landesamt für Umwelt
- Gemeindlicher Meldeplan mit Alarm- und Einsatzplan, Landesamt für Umwelt
- Wasserwirtschaftsämter in Bayern
- Aufgaben und Organisation des Katastrophenschutzes in Bayern, Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration
- Praxisratgeber „Hochwasserschutz für Kommunen“ des Bayerischen Gemeindetags
Gewässerbewirtschaftung
Die kleinen Gewässer machen in Bayern rund 90.000 Kilometer des zirka 100.000 Kilometer langen Gewässernetzes aus. Für den Schutz, die Pflege und Entwicklung dieser Gewässer III. Ordnung sind nach dem Bayerischen Wassergesetz die Gemeinden verantwortlich. Ist ihr Flusslauf überlastet oder durch Sediment und Treibgut verschlammt und gibt es zudem keine hinreichenden (natürlichen) Rückhalteräume, kommt es zu Schäden durch Überschwemmungen. Bei Starkregen können diese aufgrund sehr hoher Fließgeschwindigkeiten und einer nur sehr kurzen Vorwarnzeit besonders heftig ausfallen. Laut den gesetzlichen Vorgaben aus dem Wasserhaushaltsgesetz sollten Städte und Gemeinden auch im Sinne ihrer Bürgerinnen und Bürger Überschwemmungsgebiete in ihrer Funktion als natürliche Rückhalteräume erhalten oder reaktivieren, insbesondere in den Auen und in unmittelbarer Gewässernähe. Als Naherholungsgebiete können solche natürlichen oder naturnahen Rückhalteräume die Lebensqualität Ihrer Bürgerinnen und Bürger verbessern und damit die Attraktivität Ihrer Kommune erhöhen.
Ein weiterer Baustein der kommunalen Gewässerbewirtschaftung sind die Gewässer-Nachbarschaften. Sie unterstützen die Kommunen in Bayern bei der Unterhaltung ihrer Gewässer. Einmal im Jahr wird auf Landkreisebene ein Nachbarschaftstag durchgeführt. Die Kommunen erhalten dort Informationen rund um die Gewässerunterhaltung und können sich mit anderen hier tätigen Personen austauschen. Zudem unterstützt der Freistaat Bayern die Kommunen bei ihren Aufgaben an Gewässern III. Ordnung durch die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben. Bei naturnaher Gewässerunterhaltung können Kommunen von einem 5-prozentigen Förderbonus profitieren.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Werden Gewässerschauen an den kommunalen Gewässern durchgeführt?
- Erfolgt auch eine Begehung z. B. der abflussrelevanten Gräben oder abflussrelevanter Anlagen der Siedlungsentwässerung?
- Sind relevante Engstellen bekannt bzw. wurden hydraulische Berechnungen durchgeführt?
- Werden Maßnahmen zur Ertüchtigung des Abflussquerschnitts zeitnah durchgeführt?
- Werden notwendige Arbeiten der Gewässerunterhaltung zur Freihaltung des Abflussquerschnitts regelmäßig durchgeführt?
- Existieren für die Aufgaben im Unterhalt und der Gewässeraufsicht Priorisierungslisten oder Checklisten?
In diesen Maßnahmensteckbriefen finden sich weiterführende Informationen und Beispiele:
- Ertüchtigung Abflussquerschnitt (319.1)
- Gewässeraufsicht – Gewässerschau (320.1)
- Gewässerunterhaltung (320.2)
Natürlicher Wasserrückhalt
Flüsse und Bäche benötigen überschwemmbaren Raum, um Wasser aufnehmen und Hochwasserwellen reduzieren zu können. Ein wichtiges Planungsinstrument der Wasserwirtschaft sind die Gewässerentwicklungskonzepte (GEK). Die Kombination aus Ausgleichs- und Renaturierungszielen kann hier große Vorteile bringen.
Bei der Planung und Implementierung der Maßnahmen sollte die Bevölkerung informiert und, soweit möglich, miteinbezogen werden, um die Maßnahmenakzeptanz zu erhöhen.
Dezentrale, abflusshemmende Maßnahmen, welche Niederschlagswasser bereits im Einzugsgebiet zurückhalten, speichern und verdunsten lassen, sind gleichermaßen von Bedeutung.
Die ländliche Entwicklung bietet hierbei viele Potenziale. Mögliche Maßnahmen sind die Errichtung von Erdbecken in der Fläche, Gewässerrandstreifen oder erosionsmindernde Hecken und Raine. Außerdem können in diesem Rahmen benötigte Flächen erworben oder bereitgestellt, landwirtschaftliche Flächen hangparallel bewirtschaftet oder Wegenetze entsprechend gestaltet werden.
Darüber hinaus können zur Reaktivierung ehemaliger Überschwemmungsgebiete Uferverbauungen entfernt oder gewässerbegleitende Schutzanlagen (Deiche, Mauern) zurückverlegt werden. Ziel bei allen Maßnahmen ist es, den Wasserrückhalt zu erhöhen und Abflussspitzen zu verringern.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Wurde ein Gewässerentwicklungskonzept erstellt oder ist es in Planung?
- Inwieweit werden dezentrale, abflusshemmende Maßnahmen berücksichtigt oder bereits umgesetzt, die Wasser im Einzugsgebiet zurückhalten können?
- Kommen für die Kommune als Ausgleichsmaßnahmen Renaturierungsmaßnahmen in Frage?
- Gibt es ehemalige Überschwemmungsbereiche, die reaktiviert werden können?
In diesen Maßnahmensteckbriefen finden sich weiterführende Informationen und Beispiele:
- Reaktivierung Ü-Gebiete (314.1)
- Rückhaltemaßnahmen GEK (311.2)
- Wasserrückhalt ländliche Entwicklung (310.2)
Naturnahe Regenwasserbewirtschaftung
Anfallendes Niederschlagswasser hat drei Möglichkeiten, nachdem es auf die Oberfläche fällt: Es verdunstet, es versickert oder es fließt oberflächig ab. Auf natürlichen Flächen mit Vegetation verdunstet und versickert der Großteil des Regenwassers, nur ein kleiner Teil fließt oberflächig ab. Auf befestigten und versiegelten Flächen hingegen fließt der Großteil des Regenwassers auf der Oberfläche ab und führt zu erheblichen Abflüssen im Gewässer oder sammelt sich in der Kanalisation. Bei zunehmender Bebauung und Versiegelung werden immer größere Wassermengen abgeführt.
Extremwetterereignisse in Folge des Klimawandels stellen viele Gemeinden und Städte in Bayern vor große Herausforderungen. Treten Niederschläge mit hoher Intensität oder Dauer auf, kann der anfallende Oberflächenabfluss zu einer Überlastung der Entwässerungssysteme führen. Die Kanalisation oder Anlagen zur naturnahen Regenwasser-bewirtschaftung können die Wassermassen nicht vollständig aufnehmen und es kommt zum Überstau und zu lokalen Überflutungen. Hitze- und Trockenperioden führen dazu, dass die Verdunstung verringert wird sowie die Versickerung und in Folge die Grundwasserneubildung zurückgehen.
Vor diesem Hintergrund ist wichtig, bei der Siedlungsentwicklung ein besonderes Augenmerk auf den Umgang mit Niederschlagswasser zu legen. Der Umgang mit zu viel und auch zu wenig Niederschlagswasser muss frühzeitig im Planungsprozess berücksichtigt werden, um eine entsprechende wassersensible Siedlungsentwicklung vorzunehmen. Ziel ist es, den natürlichen Wasserkreislauf möglichst wenig zu verändern, d.h. die Komponenten Versickerung und Verdunstung zu fördern, sodass auf der Oberfläche weniger Wasser abfließt.
Ein wichtiger Bestandteil der wassersensiblen Siedlungsentwicklung sind Maßnahmen der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung. Das breite Spektrum an Maßnahmen lässt sich individuell kombinieren, etwa Entsiegelung oder durchlässige Gestaltung von befestigten Flächen, z.B. durch Rasengittersteine, gezielte Versickerung in Mulden oder auf Flächen, Rückhalt und verzögerte Ableitung von Niederschlagswasser durch Gründächer oder offene Ableitungen sowie Rückhaltung und Speicherung zu Bewässerungszwecken. Diese Maßnahmen fördern gleichzeitig die Verdunstung.
Die Wirksamkeit von Maßnahmen der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung gegenüber seltenen und außergewöhnlichen Ereignissen ist jedoch begrenzt. Um seltene und außergewöhnliche Starkregen zu beherrschen, sind weitere Maßnahmen notwendig, zum Beispiel die Ermittlung von Gefahrenbereichen, eine nachhaltige Bauleitplanung und Flächennutzung, und nicht zuletzt konstruktive Maßnahmen sowie die Eigenvorsorge.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Welche Maßnahmen der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung finden sich (bereits) in Ihrer Kommune?
- Sind Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung in einer Satzung festgelegt (z. B. Zisternen)?
- Sind neue Baugebiete geplant und wurde im B-Planverfahren ein Augenmerk auf die Festsetzung wassersensiblen Maßnahmen gelegt?
- Existieren Konzepte zur Minderung der Flächenversiegelung oder Entsiegelung von Flächen?
In diesen Maßnahmensteckbriefen finden sich weiterführende Informationen und Beispiele:
- Minderung Versiegelung (312.1)
- Regenwassermanagement (313.1)
Weiterführende Links
- Umgang mit Niederschlagswasser, Landesamt für Umwelt
- Schaubild Klimaanpassung im besiedelten Bereich, Landesamt für Umwelt
- Wassersensible Siedlungsentwicklung, Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
- Wassersensible Stadt, Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
- Schwammdörfer – ALE
- Video Wassersensible Siedlungsentwicklung
- Wassersensibel Planen und Bauen, Verbändekooperation divers
Konzepte zum kommunalen Sturzflut-Risikomanagement
Zur Verminderung von Hochwasserrisiken durch Starkregen und Sturzfluten besteht die Möglichkeit eines geförderten Sturzflutmanagementkonzeptes. Weiterführende Informationen und Beratung hierzu erhalten Sie von Ihrem zuständigen Wasserwirtschaftsamt.
Niederschlagsereignisse, die lokal sehr begrenzt (kleinräumig) auftreten und in kurzer Zeit sehr große Niederschlagsmengen verursachen, werden als Starkregenereignisse bezeichnet. Diese können grundsätzlich an jedem Ort auftreten und auch fernab von Gewässern Schäden anrichten. Häufig entstehen diese Ereignisse durch Konvektion: Dabei führen Temperaturunterschiede zu starken Aufwärtsbewegungen von feuchtwarmen Luftmassen und damit zur Bildung von ergiebigen Regenwolken, die plötzlich und intensiv abregnen können. Belastbare meteorologische Vorhersagen von Ort und Intensität dieser Ereignisse sind nur kurz vor dem Auftreten möglich. Für wirksame Vorsorgemaßnahmen ist es dann häufig bereits zu spät.
Entsprechend wichtig ist es für den Ernstfall, potentielle Gefahren zu kennen, mit spezifischen Alarm- und Einsatzplänen gewappnet zu sein, sich richtig zu verhalten und präventive Maßnahmen anzuwenden.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- In welchem Umfang kann die Kommune durch Überflutungen infolge von Starkregenereignissen betroffen sein? Kennen Sie die Hinweiskarte Oberflächenabfluss und Sturzfluten?
- Sind bei Starkregen auch Gewässer III. Ordnung betroffen und führen zu Überschwemmungen?
- Inwieweit kommt es zu Überstau aus dem Entwässerungssystem?
- Haben Sie ein Konzept zum Integralen Sturzflutrisikomanagement erstellt oder planen dies?
- Ist eine Kombination mit einem integralen Rückhaltekonzept sinnvoll?
Wildbachverbau
Zur Verminderung von Wildbachgefahren werden Wildbachgefährdungsbereiche auf Grundlage festgelegter Standards ermittelt. Hierauf aufbauend werden integrale Wildbachentwicklungskonzepte erstellt, mit Hilfe derer auf das Einzugsgebiet angepasste Schutzsysteme ermittelt oder bestehende Schutzsysteme optimiert werden können. Weiterführende Informationen und Beratung hierzu erhalten Sie von Ihrem zuständigen Wasserwirtschaftsamt.
Wildbäche sind oberirdische, natürliche, dauernd oder zeitweise fließende Gewässer III. Ordnung oder Abschnitte daraus, mit wildbachtypischen Eigenschaften wie streckenweise großem Gefälle, rasch und stark wechselndem Abfluss und zeitweise hoher Feststoffführung. Vor den Gefahren, die von Wildbächen ausgehen, versuchen sich die Menschen seit Jahrhunderten zu schützen. Seit über einhundert Jahren werden Wildbäche in Bayern systematisch verbaut, um Siedlungen, Verkehrswege und andere Bereiche zu schützen. Mittel der Wahl für einen zeitgemäßen Schutz vor Wildbachgefahren ist ein integrales Risikomanagement, welches mit zahlreichen Einzelbausteinen ein für die jeweilige Situation bestmöglich passendes Schutzkonzept darstellt.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Gibt es auf kommunalem Gebiet nicht ausgebaute oder ausgebaute Wildbäche nach Allgemeinverfügung 2016?
- Ist ein Wildbachgefährdungsbereich ermittelt worden?
Rückhaltekonzepte für Gewässer III. Ordnung
Auch an Gewässern III. Ordnung stellt die Untersuchung des Rückhaltepotenzials einen zentralen Planungsschritt dar. Die Wirkung der unterschiedlichen Rückhaltemaßnahmen unterscheidet sich stark. Rückhaltemaßnahmen aus dem technischen Hochwasserschutz dienen meist dem Schutz von Siedlungen vor einem 100-jährlichen Hochwasser (HQ100). Die Wirkung von Maßnahmen des natürlichen Rückhalts ist oft bei kleineren, aber häufigeren Ereignissen (z.B. HQ10) relevant. Sie ist umso größer, je geringer die Jährlichkeit des Hochwasserereignisses ist. Aber auch bei größeren Ereignissen (z. B. HQ100) stellen Rückhaltemaßnahmen noch eine effektive Ergänzung zu Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes dar und sind aufgrund ihrer vielfältigen Synergieeffekte von Nutzen.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Sind nach Ausschöpfen des natürlichen Rückhalts und der Hochwasservorsorge zum Hochwasserschutz noch weitere Hochwasserrückhaltemaßnahmen erforderlich?
- Gibt es bereits eine Überschwemmungsgebietsermittlung HQhäufig, HQ100, HQextrem?
- Welche ökologischen Maßnahmen am Gewässer lassen sich durch das Konzept integrieren?
Bestehende technische Hochwasserschutzeinrichtungen
Hochwasserschutzanlagen müssen auch nach mehreren Jahren ohne Hochwasserereignis funktionstüchtig sein. Je komplexer die Hochwasserschutzmaßnahme ist, desto anspruchsvoller stellen sich auch der Betrieb und die Instandhaltung dar. Der Instandhaltungsplan und der Eigenüberwachungsplan sind wesentliche Bestandteile des Anlagenbuches. Die Durchführung der darin vorgesehenen Maßnahmen durch geschultes Fachpersonal ist Voraussetzung für den zuverlässigen Anlagenbetrieb. Für Betrieb, Unterhaltung, Überprüfung und Sanierung von stationären und mobilen Schutzbauwerken sind einheitliche Grundsätze anzuwenden. Die in Deutschland vorhandenen Normen DIN 19700 (Stauanlagen) und DIN 19712 (Hochwasserschutzanlagen an Fließgewässern) in Kombination mit weiterführenden Merkblättern z.B. DWA 507 (Deiche an Fließgewässern) und BWK M6 (Mobile Hochwasserschutzsysteme) bilden hierfür eine Grundlage.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Gibt es Hochwasserschutzeinrichtungen, deren Betrieb, Unterhaltung und Sanierung der Gemeinde obliegt? Wenn ja:
- Werden die Hochwasserschutzeinrichtungen ordnungsgemäß betrieben und regelmäßig überwacht und unterhalten?
- Entsprechen die Hochwasserschutzeinrichtungen dem aktuellen Stand der Technik?
- Werden bei der Ertüchtigung/Sanierung/Verbesserung auch notwendige Anpassungen z. B. durch weitere Wassergefahren oder durch den Klimawandel berücksichtigt (DIN, Freibord, Klimazuschlag, Resilienz)?
Konzepte für den technischen Hochwasserschutz
Technische Hochwasserschutzmaßnahmen an Gewässern III. Ordnung sind ein weiteres Mittel des Hochwasserschutzes, wenn die Wasserrückhaltung in der Fläche allein nicht mehr ausreicht. Mit Hilfe von Konzepten und Machbarkeitsstudien ist vor Baubeginn das Zusammenwirken unterschiedlicher technischer Hochwasserschutzmaßnahmen zu untersuchen.
Für den technischen Hochwasserschutz gibt es generell drei mögliche Strategien:
Zurückhalten – Durchleiten - Umleiten
Um Gebäude und hochwertige Infrastruktur vor Hochwasser zu schützen, existieren eine Reihe von Maßnahmen. Hierzu zählen:
- eine Verbesserung des Abflussvermögens
- eine Umleitung von Hochwasser über Flutmulden
- die Errichtung von Hochwasserschutzdeichen und/oder -mauern
- der Bau von Hochwasserrückhaltebecken
- eine Kombination von Gewässerausbau und Hochwasserrückhaltebecken
- Objektschutz durch bauliche Maßnahmen an den Gebäuden
Technischer Hochwasserschutz an großen Gewässern (I. und II. Ordnung) ist die Aufgabe des Freistaates Bayern.
Folgende Fragen können bei der Situationsanalyse helfen:
- Ist ein neues oder überarbeitetes Konzept für den technischen Hochwasserschutz vorgesehen?
- Sind alle Möglichkeiten zum natürlichen Wasserrückhalt bereits ausgeschöpft?
- Ist eine Verbesserung des Schutzziels vorgesehen?
- Sind in die Konzepterstellung auch Objektschutz und Katastrophenschutz involviert?